Der Frühling hatte auch in diesem Schicksalsjahr 1945 all seine Blütenpracht im Elbetal entfaltet. Doch er vermochte die Herzen der Menschen nicht froher zu stimmen. Allzu schwer lasteten die Kriegsnöte auf der Bevölkerung, überschatteten Trauer und Sorgen die Familien, deren Väter und Söhne gefallen waren, vermisst wurden, in Gefangenschaft geraten waren oder noch an den Fronten kämpften.
Schon im Winter 1944/45 waren Flüchtlingskolonnen aus dem Osten durch den Landkreis gezogen. Die Flüchtlinge hatten von ihren Leiden und von den Gräueltaten der in das Reichsgebiet eingedrungenen Roten Armee berichtet. Immer häufiger schreckte Fliegeralarm die Bevölkerung, wenn die amerikanischen Bombergeschwader ihre Angriffe gegen deutsche Städte flogen. Im Februar 1945 leuchtete der Feuerschein und wehte der Brandgeruch von der sinnlos und grausam zerstörten sächsischen Landeshauptstadt Dresden, erschütterten die Detonationen unsere Berge. Im April hörten wir bangen Herzens die Geschützdonner von den Schlachten an der Neiße. Dann zogen immer mehr nach Westen zurückflutende Truppenteile der deutschen Wehrmacht durch den Landkreis, die den Elbeübergang suchten.
Kurz vor der Kapitulation am 7. und 8. Mai erschienen sowjetische Kampfflugzeuge über den Elbestädten. Mit Bomben und Bordwaffen richteten sie unter der ahnungslosen Bevölkerung ein Blutbad an. Zahlreiche Häuser wurden zerstört. Tags darauf drangen sowjetische Panzer im Landkreis ein. Ihnen folgten Polen, später tschechische Partisanen.
Es begann eine Zeit des Schreckens und der vollkommenen Rechtlosigkeit für die Bevölkerung. Mord und Totschlag, Misshandlung, Vergewaltigung, Raub, Plünderungen und Brandstiftung waren an der Tagesordnung.
Bald war das Gefängnis In Tetschen und die errichteten Konzentrationslager überfüllt. Von denen besonders Rabstein und Pfaffendorf als Todeslager traurigen Ruhm erlangten.
Das der längst beschlossene Plan der Austreibung einer 3,5 Millionen-Volksgruppe. Aus ihrer angestammten Heimat verwirklicht würde konnten und wollten die meisten Landsleute nicht glauben und fassen. Selbst dann noch nicht, als bereits im Nachbarbezirk Teplitz Schönau die Vertreibung über Zinnwald und den Erzgebirgskamm begonnen hatte.
Gegen Ende Juni 1945 setzte die systematische Vertreibung der Deutschen im Landkreis Tetschen Bodenbach ein. Darunter auch erste Ortsbewohner von Tichlowitz. Einzelheiten darüber an anderer Stelle.
Vertrieben wurden nahezu alle deutschen Bewohner der Sudetengebiete ohne Ansehen ihrer ehemaligen politischen Einstellung. Nur wenige Deutsche wurden „legal“ ausgesiedelt und durften zum Teil Hausrat mitnehmen. Kaum 200.000 Deutsche blieben in der Heimat zurück oder wurden zurückgehalten.
Der Großteil der Dörfer besonders in den gebirgigen Gegenden ist heute menschenleer. Viele Häuser wurden zerstört oder sind dem Verfall preisgegeben. Von einigen Orten blieben nur noch vereinzelte Mauerreste zurück.
Viele der „neuen Bewohner“ des Landes, die zumeist zwangsweise hierherkamen und vielfach wieder abwanderten, sind hier nicht glücklich geworden und wurden nicht heimisch. Selbst nach tschechischen Eingeständnissen ist die Neubesiedlung des Sudetenlandes am Anfang weitgehend gescheitert.
Natürlich gehört zu der Aufarbeitung der Sudetendeutschen Geschichte auch das Wissen um die Gräueltaten, welche die Deutschen Machthaber und deren Handlanger in den Jahren vor der Vertreibung an Teilen der tschechischen Bevölkerung verübt haben.
Dies alles rechtfertig natürlich nicht die Vertreibung einer ganzen Volksgruppe, egal ob aus Tschechien, innerhalb von Europa oder sonst wo auf dieser Welt.
Texte teilweise aus dem Buch „Heimatkreis – Tetschen – Bodenbach – entnommen.